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Die etwas andere Sicht…(Ausstellung Feldschuh, Krumpholz, Wagner)

Wir sind ja alle – vor allem alle Anwesenden – noch sehr jung, oder gerade im besten Alter. Trotzdem stelle ich mein Lieblingsmotto über ein paar Gedanken aus Anlass der Eröffnung dieser Ausstellung: für die Kunst älter zu werden, brauchen wird die Kunst, …… damit wir nicht als Zikaden enden! Was ich damit meine, soll ein wenig später erörter werden.

Angeregt durch den Flair klassischer Formen einiger Objekte in dieser Ausstellung, möchte ich an passendem Ort ein wenig Kunsttheorie betreiben. Wie entsteht Kunst? Neben vielen Erklärungen gibt es auch die eine: Kunst entsteht – ähnlich wie leider auch der Krieg – durch Vergleich, oder sagen wir Wettstreit oder sagen wir Wettlauf. Wettlauf um die Darstellung der Wirklichkeit, der Lebendigkeit, der Schönheit. Der älteste und nachhaltigste Wettstreit war und ist seit Menschengedenken vom Streben des künstlerisch schaffenden Menschen, der Menschin, bestimmt, es der Natur gleichzutun, ja sie nach Möglichkeit zu übertreffen. Sie kennen vielleicht die Geschichte von Apelles, dem  bedeutendsten Maler des antiken Griechenland und des ganzen Altertums. Als er seinem Bewunderer Alexander dem Großen ein neues Bild vorführte, auf dem er Pferde gemalt hatte, war dies so kunstfertig und so perfekt, dass die Pferde des Alexander heftig zu wiehern begannen, da sie im Bild lebendige Artgenossen zu erkennen glaubten. Das getreueste Abbild zu erreichen, war lange Zeit das Kriterium höchster Kunst. Es ist noch gar nicht so lange her – sagen wir: höchsten 150 Jahre – dass es die Kunst satt hatte, sich weiterhin mit der Natur zu vergleichen – und ständig mit ihr verglichen zu werden. Auch dazu gibt es eine schöne Geschichte. Und wenn sie nicht wahr ist, ist sie gut erfunden: Als Franz Marc 1911 seine berühmten blauen Pferde ausstellte, rief bei der Vernissage eine Dame empört aus: Aber Pferde sind doch nicht blau! Darauf Franz Marc: Aber gnädige Frau, das sind keine Pferde, das ist ein Bild!

So wie sich die Künstler – und Künstlerinnen – in der Renaissance vom niedrigen Stand des Handwerkers emanzipierten, so befreite sich die Kunst vom Natur-Nachahmungstrieb. Sie entstand als eine ars liberalis, eine in vieler Hinsicht wirklich freie Kunst.
Erst wer frei ist, kann den „anderen“ oder die „andere“ neidlos akzeptieren, ja sogar auf ihn, auf sie selbstlos verweisen. Der österreichische Maler Hubert Schmalix, von dem zur Zeit im Kunstforum eine großartige Ausstellung zu sehen ist, hat vor kurzem in einem Interview einen Satz gesagt, den ich mir aufgeschrieben und über meinen Schreibtisch gehängt habe: Erst die Kunst macht die Schönheit der Natur bewusst. Und wie oft sage ich – und freu mich daran – wenn ich am frühen Morgen über die Höhen gehe und die sich an zartem Rosa erwärmenden Wolken sehe: Caspar David Friedrich –oder angesichts der Schönheit eines wüst umgeackerten Stoppelfeldes: Anselm Kiefer. Und ich drehe den Schmalix-Satz um und sage: Erst die Natur macht die Schönheit von Kunst bewusst. Und gibt uns ein nicht benennbares Kriterium in die Hand, um zu erkennen, was gute Kunst ist und was nicht. Natur ist nämlich – wie qualitätvolle Kunst –niemals langweilig. Niemals.
Soweit einige – höchst fragmentarische – Gedanken zur friedlichen Koexistenz von Kunst und Natur.